Diese drei Krimi-Erzählungen handeln von Menschen, die sich in Gefahr begeben und darin umkommen — oder fast. Die Grenzen zwischen Opfer und Täter sind fliessend: Bei einem übereifrigen Steuerbeamten und einem fast unbescholtenen Steuerzahler, bei einem allzu gerissenen Zürcher Politiker und seiner unehelichen Tochter und bei einem Ehepaar, das von gegenseitigem Misstrauen so zerfressen ist, dass es den äußeren Horror erst bemerkt, als es zu spät ist.
Der Autor hat mit konventionellen Krimis wenig am Hut. So wird zwar auch in diesen drei Kurzgeschichten erpresst, gemordet und gestorben — doch die Polizei bleibt aussen vor. Täter und Opfer, alle haben hier ihre dunkeln Seiten, und die deckt Nester mit bissigem Humor auf.
“Vergiss Venedig” ist primär — oder nur prima vista? — kein Krimi, sondern eine Liebesgeschichte. Ein Kinobesuch liegt ihr zugrunde: “The Bridges of Madison County”, die traurigschöne Geschichte der Familienmutter Meryl Streep, die sich in den vorbeiziehenden Fotografen Clint Eastwood verliebt, doch letztlich entsagt und sich wieder ihrer Familie widmen wird. Eine zutiefst unglückliche Liebe.
“Vergiss Venedig” variiert diese Situation aus der Sicht des Mannes — hier verzichtet er, opfert er die Liebe seines Lebens. Aber ist das Opfer nicht ein Versagen? Denn der “Held” ist ein Zauderer. Er zählt sich zu den zu kurz Gekommenen — und zwar dort, wo es für Männer zählt: zwischen den Beinen. André Kiefer hadert mit diesem Schicksal, und als ihm das Glück seines Lebens begegnet, traut er sich nicht, es festzuhalten. Die Amour fou eines Schweizers — kann es die geben? Mit dem Filmfestival von Venedig als Hintergrund ist “Vergiss Venedig” gleichzeitig ein atmosphärisch dichter, ironisch-gesellschaftskritischer Spiegel des Medienrummels und des Filmgeschäfts.